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Portrait von Gabriela Kuster Pfister, einer Schweizer Kardiologin

verheiratet, zwei Kinder

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Gabriela-Kuster-Pfister

Wie verlief deine Ausbildung?

Ich schloss mein Medizinstudium 1995 in Zürich ab und bildete mich anschliessend zur Fachärztin Innere Medizin (2002) und Kardiologie (2009) an den Kantonsspitälern Zug und Luzern, dem Inselspital Bern und dem Universitätsspital Basel (USB) weiter. 2002-2005 absolvierte ich einen Auslandaufenthalt am Whitaker Cardiovascular Institute in Boston, USA. 2006 erhielt ich eine SCORE Personenförderung des Schweizerischen Nationalfonds und gründete eine eigene Forschungsgruppe in Basel, wo wir molekulare Mechanismen der Kardiotoxizität und des Herz-Remodeling untersuchen. 2012 habe ich mich an der Universität Basel habilitiert und leite heute die «Translationale und Onko-Kardiologie» am USB.

 

Wieso bist Du Kardiologin geworden?

Das Herz ist ein sehr dynamisches Organ. Die Kombination aus mechanischer, elektrischer und biochemischer/endokriner Aktivität hat mich schon im Studium fasziniert.

 

Warum bist Du ins Ausland/ bzw. nicht ins Ausland gegangen für Deine Ausbildung? Hat Dir das geholfen bzw. geschadet?

Oscar Wilde hat gesagt: “Live life with no excuses and travel with no regrets.” Ins Ausland gehen schadet nie. Egal wohin man geht, und was man dort macht. Neben dem Beruflichen sind die persönlichen Erfahrungen genauso wertvoll.

Wie ist Dein Entscheid gefallen, invasive bzw. nicht-invasive Kardiologin zu werden oder werden zu wollen? Welches sind Spezialgebiete, die speziell attraktiv sind für Frauen?

Mich hat immer die Biologie am meisten interessiert. Die Kardiologie ist ein sehr technisches Fach. Vermehrt die biologischen und pathophysiologischen Aspekte in die Diagnostik und Therapie mit einfliessen zu lassen, hat mich immer gereizt. Heute, in der hoch-technisierten Kardiologie, noch mehr denn je. Im Endeffekt sollte man aber das Spezialgebiet wählen, für das man das innere Feuer verspürt, unabhängig davon, ob das für eine Frau einfacher oder schwieriger sein könnte.

 

Hast Du den Eindruck, dass es leichter war für Männer in der Kardiologie?

Diese Frage stelle ich mir nicht. Ich habe mich immer auf das konzentriert, was mich interessiert, und versucht, meine Arbeit gut zu machen. Es hilft nicht, wenn man Vergleiche mit anderen zieht. Man sollte versuchen, aus der eigenen persönlichen und beruflichen Situation das Beste zu machen, d.h. den Weg zu finden, der sich für einen selbst richtig anfühlt.

 

Hast Du je Teilzeit gearbeitet? Falls ja, wieviele Jahre hast Du Teilzeit gearbeitet? Hast Du leicht eine Teilzeitstelle gefunden?

Ich arbeite seit der Geburt des ersten Kindes Teilzeit, und zwar in Abhängigkeit der familiären Bedürfnisse zwischen 60 und 80%. In den letzten Jahren waren es weitgehend 80%. Da ich das Pensum erst nach meiner Weiterbildung zur Fachärztin reduziert habe, und zwar als ich die SCORE-Förderung des SNF hatte, war ich bis zu einem gewissen Grad unabhängig von vorgegebenen Stellen und Positionen, was es sicher einfacher gemacht hat.

 

Ist der Beruf als Kardiologin für Frauen mit Kinderwunsch zu empfehlen? Wird das Privatleben betroffen? Ist es schwierig für die Partnerschaft?

Auch das ist eine Überlegung, die ich nie gemacht habe und auch heute so nicht machen würde, wenn ich nochmals beginnen müsste. Man sollte das tun, wofür man eine Leidenschaft verspürt. Es gibt immer Schwierigkeiten, die es zu überwinden gilt, unabhängig davon, was man macht, und es ist nicht möglich, diese Schwierigkeiten zu antizipieren. Aus der Karriere-Perspektive ist auch nie «der richtige Zeitpunkt», eine Familie zu gründen. Deshalb rate ich den jungen Kolleginnen, nicht auf diesen «richtigen Zeitpunkt» zu warten, sondern das Leben einfach zu leben und die Probleme dann zu lösen, wenn sie auftreten.

 

Ist das Risiko für ein Burnout als Kardiologin gross? Wie kann man ein berufliches Burnout vermeiden?

Wichtig ist hier vor allem die Unterstützung aus dem persönlichen Umfeld. Familie, Partner, Freunde, Leute, die einem nahe stehen. Das sind die Ressourcen, die es braucht, um einerseits Ausgleiche zu schaffen und andererseits in belasteten Zeiten auch einmal familiäre Verantwortung abgeben zu können. Ich habe das Glück, dass ich immer sehr viel Unterstützung von Seiten meines Partners und meiner eigenen und erweiterten Familie erfahren durfte und auch heute noch erfahren darf. Ohne das ist es schwierig.

 

Denkst Du, es ist attraktiver in einer Einzelpraxis, in einer Gruppenpraxis, in einem Regionalspital oder einem Universitätsspital zu arbeiten?

Auch das hängt lediglich von der Frage ab, wofür Dein Herz schlägt. Tu das, was Dich fasziniert, was Dich reizt; denn Deine Leidenschaft wird Dich beruflich am Leben halten, vor allem, wenn es schwierig wird.

 

Hast du sonst noch eine Bemerkung? Oder gar einen Wunsch an die Chefärzte?

Ich habe keinen vorgegebenen Weg beschritten, sondern konnte meine berufliche Entwicklung sehr stark mitgestalten. Ich hatte das Glück, dass meine Vorgesetzten diesen Weg unterstützt haben. Auch heute sind die Strukturen noch vielfach so, dass es für Frauen schwierig ist. Entsprechend wünsche ich allen Kolleginnen sowie ihren Vorgesetzten den Mut, bestehende Strukturen wenn nötig in Frage zu stellen, und gemeinsam an Rahmenbedingungen zu arbeiten, die eine individuelle berufliche Entwicklung ermöglichen.

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